Eine der ersten Fragen, die ich den Katzeneltern im Rahmen einer Beratung stelle, dreht sich um die Gesundheit ihrer felligen Mitbewohner_innen. Ihr ist erst einmal nichts anzumerken. Und einmal im Jahr wird die Katze der Tierärztin im Rahmen der Impfung vorgestellt, da war auch nie etwas zu finden. Die Katze sei also gesund, heißt es. Ja, das kann durchaus sein. Aber: Welche Untersuchungen wurden überhaupt gemacht? Wenn nichts anderes verlangt wird, wird die Katze in der Regel abgehört, abgetastet, das Fell angesehen und in Mund, Augen und Ohren geschaut. Sicher können da bereits manche Krankheiten erkannt werden. Die Tierärztin ist außerdem darauf angewiesen, dass die Katzeneltern ihr von eventuellen Auffälligkeiten zu Hause erzählt, die beim kurzen Besuch in der Praxis gar nicht auffallen. Vergessen wir dabei manchmal etwas? Oder fallen uns manche Sachen vielleicht gar nicht mehr auf, weil sie sich über die Zeit so eingeschlichen haben?
Die Katze schafft es, einen großen Teil der Krankheiten sehr lang zu verbergen. Das ist in freier Natur ihr Schutz vor Fressfeinden, die in einer kranken Katze sofort ein einfaches Opfer sehen. In menschlicher Obhut ist das wiederum von Nachteil, weil sie uns eben nicht deutlich genug zeigt, dass es ihr nicht gut geht.
Wie es um ihre inneren Werte bestellt ist, verrät uns zum großen Teil eine Blutuntersuchung. Liegt organisch etwas im Argen, verändern sich die Blutwerte und wir können darauf (hoffentlich) positiv Einfluss nehmen. Auch eine Urinuntersuchung bietet sich – gerade bei Verhaltensauffälligkeiten – an. Blasenentzündungen und Blasensteine sind keine Seltenheit bei Katzen und verursachen starke Schmerzen. Und wie ist es um die Zähne bestellt? Ein einfacher Blick in die Mundhöhle reicht nicht aus, um zu 100 % sagen zu können, dass alle Zähne gesund und schmerzfrei sind. FORL ist die berüchtigte Zahnerkrankung bei Katzen und das was wir im Mund sehen, ist wie so nur die Spitze des Eisbergs. Ein Dental-Röntgen gibt Aufschluss darüber, ob es unter dem Zahnfleisch nicht doch brodelt. Und ob der Rücken oder die Gelenke auffällig sind und eventuell schmerzen, kann oft ein allgemeines Röntgen-Bild darstellen. Ich weiß, dass diese Untersuchungen alle recht viel Geld kosten können. Daher sind viele Katzen meiner Meinung nach untertherapiert. Denn viele Menschen wissen gar nicht, dass ihren Lieblingen etwas fehlt.
Unschöne Themen, nicht wahr? Warum interessiert mich als Verhaltensberaterin eigentlich die Gesundheit der Katzen? Es geht ja schließlich um ihr Verhalten und nicht um eventuelle Wehwehchen… Darf ich fragen, wie geht es Ihnen denn, wenn Sie Schmerzen haben? Zumindest ich bin dann kein Ausbund an Freude und Lebensmut, sondern zickig und zurückgezogen. Da ich ein Mensch bin, der unter Menschen lebt, kann ich mich bei anderen, die mich verstehen, über mein Leid beklagen, mir Hilfe suchen und meine Lage hoffentlich einschätzen. Das macht es meist erträglicher. Eine Katze kann sich nicht so gut verständlich machen, sich nicht eigenständig um tierärztliche Hilfe bemühen und vermutlich ihre Lage auch nicht unbedingt einschätzen. Für sie bedeutet Schmerz und Leiden vor allem Stress, für den sie sich ein Ventil in unerwünschtem oder auffälligem Verhalten sucht.
Also: Wann haben Sie Ihre Lieblinge das letzte Mal gründlich (!) tierärztlich durchchecken lassen?